Jahr: 2013
„SchwetSingers“ füllen mit ihrem Pop-Konzert zum zehnjährigen Bestehen zwei Abende lang den Konzertsaal und sorgen für Begeisterungsstürme
Man weiß es zu schätzen, wenn ein junger Chor in Tagen des Vereinssterbens heute noch etwas riskiert und nicht einfach auf Nummer sicher geht, weil das leichter ist. Die blank geputzte Bühne mit adrett gereihten Sängerknaben haben schließlich alle zu bieten. Und die Tatsache, dass die „SchwetSingers“ mit dem Konzert im Lutherhaus an diesem Abend ihr Zehnjähriges zelebrieren, zeigt doch wohl eines ganz zweifellos: Solches Risiko kann belohnt werden – an zwei Abenden begeisterte die Chorgruppe des Sängerbunds unter der Leitung von Elena Spitzner insgesamt fast 700 Zuschauer. „Eine echte Meisterleistung“, lobte etwa Stadträtin Doris Glöckler.
Damit so ein Abend gelingt, muss dann eben auch Besonderes geliefert werden, denn wo immer Auge und Ohr von deutlich mehr in Anspruch genommen werden als nur dem Gesang, darf letzterer freilich nicht untergehen – das war im ersten Teil der Fall. Denn so sehr man die professionellen Klänge der Band von Mathias Buchta (Bass), Tommy Engelhart (Saxofon), Tobias Nessel (Schlagzeug), Elena Spitzner (Piano) und Jörg Teichert (E-Gitarre) auch genießen mochte – im einen oder anderen Fall, als die Stimmen des knapp 40-köpfigen Chores, der Kleingruppen oder Solisten übertönt wurden, wäre weniger sicher deutlich mehr gewesen. Hit-Nummern wie Robbie Williams‘ „Let me entertain you“ oder John Fogertys „Proud Mary“ litten darunter.
Aufwendiges Drehbuch
Dass man das unheimlich schade finden muss, ist keine Frage. Denn das Letzte, das man den „SchwetSingers“ vorwerfen kann, ist, dass sie für ihr Jubiläumskonzert keinen Aufwand betrieben hätten – ein Jahr Vorbereitungszeit haben sie hinter sich. Liebevoll hat sich die Truppe um die Drehbuchschreiber Santina Rudolph und Michael Scherer die Geschichte des „Radio EchnaTon“ erarbeitet, das kurz vor der Pleite steht und mit Hilfe gesanglicher Kräfte mühsam wieder in die Jetztzeit gebracht werden muss. Da müssen eine Homepage (die es unter www.radioechnaton.de wirklich gibt) und ein Jingle her, aus Moderator Gundolf Schibowski wird der „Günni“ und vom Staub vergangener Tage will keiner mehr etwas wissen.
Die Zeit über den nicht optimalen Sound nachzudenken, blieb aber gar nicht, denn schon badeten die Köpfe der Sänger zu „Hijo de la Luna“ (Solo Christina Bercher) im Mondenlicht, tanzten die Körper im Weltraumanzug zu „Major Tom“ (ein wunderbarer A-cappella-Chorsatz) oder wandelten bei Michael Jacksons „Thriller“ als Zombies über die Bühne. Atemlos verfolgte das Publikum diese Show, die von Choreographie und Ausstattung her zweifellos Höhepunkt an Höhepunkt reihte. Es war viel mehr ein Musical, als wirklich noch Konzert zu sein. Die „SchwetSingers“ haben sich von Beginn an auf die Fahne geschrieben, ihre Chorkonzerte so zu gestalten, um statt teilnehmender Empathie Begeisterung zu entfachen. Und die Zuschauer feierten beide Abende nach der Zugabe sogar mit Standing Ovations – wobei daran der zweite Teil entscheidenden Anteil hatte. Denn nach der Pause kamen Chor und Einzelstimmen deutlich besser zu Geltung, beispielsweise bei dem bereits erwähnten „Major Tom“ oder dem Duett „Broken Strings“ von Denise Haberer (17) und Tobias Kreichgauer (16), was die beiden Teenager ausgezeichnete lösten.
Santina Rudolph richtig klasse
Klar ist, dass sich Titel von Weltstars wie Elton John („Don’t let the sun go down on me“), Adele („Rolling in the deep“) oder U2 („Beautiful day“) sich eben nicht einmal im Vorbeigehen interpretieren lassen, aber gerade Nicole Fackel gelang dies bei dem Adele-Titel sehr gut. Auch Birgit Schuh-Staudt überzeugte bei „Always look on the bright side of life“ mit ihrer voluminösen Stimme.
Und dann gab es noch diese Glanzpunkte, als Santina Rudolph ein unfassbar intensives „Somebody to love“ zum Leben erweckte – da waren die Ströme des Beifalls mehr als angebracht. Die bewiesen, dass die „SchwetSingers“ mehr als begabte Amateure in ihren Reihen haben. Längst vergessen waren da die Nummern, die im ersten Teil etwas blass herübergekommen waren.
© Schwetzinger Zeitung, Markus Mertens & Andreas Lin, 11. März 2013
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